Gerichtsgutachten

Der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige bekommt den Auftrag, im Zuge eines Gerichtsverfahrens ein Gutachten zu erstatten. Im Normallfall wird er vom Gericht dadurch beauftragt, dass er mit kurzem Anschreiben die Gerichtsakte übersandt bekommt. Das Thema des von ihm erwarteten Gutachtens findet er im Beweisbeschluss. An diesen Beweisbeschluss des Gerichtes hat er sich streng zu halten. Der Sachverständige muss bei unklaren Formulierungen des Beweisbeschlusses oder bei Fragen im Beweisbeschluss, die nach seiner fachlichen Überzeugung nicht richtig sein können, das Gericht hierüber rechtzeitig informieren.

Aktenstudium

Hat sich der Sachverständige durch eingehendes Aktenstudium in den Fall eingearbeitet, wird er gerade als handwerklicher Sachverständiger in den meisten Fällen nicht umhinkommen, das Streitobjekt zu besichtigen. Dazu dient die Objektbesichtigung oder der so genannte Ortstermin.

Ortstermin

Den Ortstermin setzt der Sachverständige mit einer ausreichenden Frist fest. Benötigt der Sachverständige von einer oder von beiden Prozessparteien Unterlagen, die für den Ortstermin und auch für die spätere Ausarbeitung des Gutachtens von Bedeutung sind, sollte er grundsätzlich das Gericht bitten, diese Schriftstücke für ihn anzufordern. Der Sachverständige muss vermeiden, schon vor dem Ortstermin mit einer der Parteien zusammenzutreffen oder etwa gemeinsam mit einer Partei zum Ortstermin anzufahren. Er darf auf keinen Fall nach offizieller Beendigung des Ortstermins mit einer der Parteien allein weiterverhandeln. Er muss vermeiden, schon während des Ortstermins durchblicken zu lassen, dass er die Position einer Partei für aussichtslos hält. Er muss jegliche Meinungsäußerungen vermeiden, mit denen er einer Partei „Recht“ geben könnte.

Hat das Gericht dem Sachverständigen einen im Beweisbeschluss genau umgrenzten Auftrag erteilt, so beschränkt sich die Verpflichtung des Sachverständigen darauf, diesen Auftrag zu erledigen

Ausarbeitung und Gutachtenerstattung

Der Sachverständige muss seine Feststellungen und Aufzeichnungen auswerten und beurteilen. Hierfür bedient er sich seinem überdurchschnittlichen Fachwissen, Regelwerken, fundierter Literatur und dem Stand der Technik. Die schriftliche Ausarbeitung des Gutachtens muss alle notwendigen Daten und Fakten beinhalten, sodass eine rechtlich richtige Bewertung/Beurteilung durch das Gericht gewährleistet werden kann.

Der Sachverständige ist gehalten, das Gutachten auch für einen Laien verständlich und nachvollziehbar zu formulieren. Die Erstattung erfolgt postalisch an das Gericht samt Prozessakte. Die Anzahl richtet sich nach der Anzahl der Streitparteien zzgl. eine Ausarbeitung für das Gericht. Eine Ausarbeitung verbleibt in der Akte des Sachverständigen.

Zivilgutachten

Der Ablauf und die Inhalte der privaten Sachverständigentätigkeit sind prinzipiell dem der gerichtlichen Tätigkeit identisch. Der grundlegende Unterschied besteht darin, dass Privatgutachten von privater Seite durch Privatpersonen, Organisationen, Gesellschaften oder auch Behörden beauftragt werden.

Sinn und Zweck eines Privatgutachtens
  • Dem Auftraggeber fehlendes Fachwissen zu vermitteln.
  • Dritten gegenüber Tatsachen oder Sachverhalte nachzuweisen um diese zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen.
  • Mögliche Ansprüche, ohne gerichtliche Auseinandersetzung und deren Folgekosten, geltend zu machen, oder Meinungsverschiedenheiten durch Feststellungen von Sachverhalten beizulegen.
  • Gutachterliche Bewertungen von Soll- und Ist-Zuständen.
Besonderheiten des Zivilgutachten

Entgegen eines Beweisbeschlusses durch das Gericht in einem Gerichtsgutachten, wird die Themenformulierung, in einem Privatgutachten, durch den Auftraggeber vorgegeben. Der Sachverständige muss darauf achten, dass das Thema klar und eindeutig bezeichnet und eingegrenzt wird. Er sollte seinem Auftraggeber bereits bei der Ausarbeitung der Fragestellung helfen, da er sich dadurch möglicherweise unnötige Arbeit und zuweilen auch Ärger ersparen kann.

Im Zusammenhang mit einem durchzuführenden Ortstermin, sollte der Sachverständige beide Parteien dazu einladen. Er entgeht damit der Gefahr, nur einseitig informiert zu werden. Da zwischen dem Auftraggeber und dem Sachverständigen ein zweiseitiges Vertragsverhältnis (Werkvertrag) besteht, muss sich der Sachverständige dem Willen seines Auftraggebers beugen, wenn dieser die Hinzuziehung der Gegenpartei zum Ortstermin verweigert.